Sie wollen eine Autobiografie schreiben. Vielleicht mit unserer Hilfe? Eine gute Idee – wenn da nicht diese verflixte Angst vor dem Beginn wäre. Aber Panik vor einem weißen Blatt Papier oder der leeren Bildschirm-Seite. Entspannen Sie sich, arbeiten Sie – und denken Sie um Himmels willen nicht nach!
Die Muse ist eine launische Geliebte: Je mehr sich der Künstler nach ihr verzehrt, desto rarer macht sie sich. Zeigt er ihr jedoch die kalte Schulter, umwirbt sie ihn heiß. Wer das berücksichtigt, wird nie wieder vor einem leeren, weißen Papier sitzen und mit dem schweren ersten Wort kämpfen.
Einfache Lösung
Die Lösung ist ganz einfach: Der Autor muss immer nur für sich schreiben. Nie für andere. Und nie sollte er sich einbilden, ein unsterbliches Werk für alle Ewigkeiten zu verfassen. Er muss das schreiben, was ihm gefällt. Was in ihm drinsteckt und was unbedingt raus will. Seine Geschichte. Er muss das erzählen, was ihn ausmacht. Je weniger Bedeutung er seinem Text beimisst, desto weniger Versagensängste suchen ihn heim.
Munter los schreiben
Also, munter los geschrieben – und wenn es eine Seite Kokolores ist über Tante Ernas unmögliches Kleid, und wie sich Onkel Ewald auf seinen Hut gesetzt hat bei der Familienfeier am vergangenen Wochenende. Haha! Das ist allemal besser, als vor lauter Ehrfurcht vor der Jahrhundertautobiografie, die in Ihnen rumort, schier gar nichts hinzubekommen – weil der Schreibkrampf Sie im Griff hat.
Das Geheimnis guten Schreibens sind zwei Dinge: Die Entspannung und die gute Vorbereitung. Zuerst zum Zweiten: Nehmen Sie sich die Zeit, selbst das kleinste Kapitel akribisch durchzuplanen.
Unsere Ratschläge sind übrigens den Schreibschulen für literarisches Schreiben entlehnt; aber Sie werden sehen, damit klappt es auch autobiografisch ganz wunderbar.
Akribische Vorbereitung
Überlegen Sie, was Sie mit Ihrer Biografie sagen wollen, was die Botschaft für Ihre Leser ist. Und formen Sie die Moral der Geschichte (die Prämisse). Arbeiten Sie dann die Charaktere anhand dieser Prämisse aus. Natürlich auch sich selbst. Sie brauchen Personen, die stark sind. Die einerseits die Moral der Geschichte beweisen und transportieren, zweitens interessant sind (mit Ecken und Kanten) und die drittens etwas unbedingt wollen. Hatten Sie in Ihrem Leben Gegenspieler? Gut so, das gibt der Autobiografie die nötige Würze. Wenn jemand Ecken und Kanten hatte und Ihnen alle erdenklichen Steine in den Weg legte – toll. Und Sie haben die Steine wieder aus dem Weg gerollt und Ihren Gegenspieler überwunden. Doppelt toll. Der Gegenspieler versucht, Sie aus der Bahn zu werfen, zu verhindern, dass Sie ans Ziel kommen – um die Prämisse zu beweisen. Er hat mindestens ebenso starke Motive wie Sie; aber Sie gewinnen das Spiel.
Personen mit Tiefgang
Personen von Tiefgang bekommen Sie, wenn Sie für die wichtigsten eine ausführliche Biografie schreiben. Sie haben also in einer Autobiografie gleichsam mehrerer kleine Biografien. Um diese Figuren bauen Sie die Konflikte, bis zum finalen Showdown, der einen Sieger zurücklässt – Sie. Und die Moral ihrer Geschichte zeigt – und das beweist, was Sie beweisen wollen. Danach, nach er Prämisse,müssen Sie alle Personen und Konflikte ausrichten.
Das Drehbuch schreiben
Wenn Sie das haben, schreiben Sie das Drehbuch Ihrer Geschichte. Komponieren Sie jedes Kapitel einzeln durch, lassen Sie die Personen auftreten, treiben sie diese in Konflikte, die immer heftiger werden – mit vielen unerwarteten Wendungen. Notieren Sie alles auf Karteikarten oder anderen handlichen Blättern, die Sie einzeln und bequem zur Hand nehmen können
Und dann setzten Sie sich hin und arbeiten Ihre Kapitel einzeln ab. Jeden Tag eines. Am besten, nachdem wir gemeinsam das Konzept Ihrer Autobiografie erstellt haben. Wenn Sie die Vorbereitung gewissenhaft erarbeitet haben, werden Sie nie wieder hilflos vor einem leeren weißen Blatt sitzen – Sie wissen nämlich schon, was gleich darauf stehen wird, vor Ihrem geistigen Auge spielen sich spannende Szenen ab, die Sie nur schreiben müssen.
Entspannen Sie sich
Und nun zur Entspannung: Selbst wenn Sie jeden Tag zur selben Zeit schreiben, sollten Sie sich in einem Zustand versetzen, den Pulitzer-Preisträger Ray Bradbury einmal so formulierte: „Arbeiten – entspannen – nicht denken“. Das klingt auf den ersten Blick paradox, ist es aber nicht. Denn wenn Sie nicht entspannt sind, sondern krampfhaft daran denken, dass Ihnen jetzt sofort, auf der Stelle, zackzack, der große Wurf gelingen soll, dann wird das nichts. Andererseits befinden sich viele Schriftsteller, wenn das Schreiben dann mal läuft, in einer Art Trance – sie denken nicht mehr, sie lassen es aus sich heraus fließen.
In Trance versetzen
Um diesen Zustand zu erreichen, gibt es mehrere Methoden. Einer ist Ausdauersport oder lange Spaziergänge vor der Arbeit. Die Methode hat den Vorteil, dass Sie dabei schon mal im Geiste an Ihrer Geschichte formulieren können. Und vielen Autoren fallen dabei auch tatsächlich tolle Ideen ein.
Werden Sie monoton
Andere monotone Tätigkeiten, bei denen Sie nicht viel denken müssen, sind ebenfalls geeignet: Putzen, Staub saugen, abwaschen. Danach sind Sie in einer Art Denktrance und können danach wunderbar los schreiben. Eine andere Methode ist es, tatsächlich erst einmal drei Seiten Unsinn zu schreiben – als Fingerübung. Denken Sie auch immer daran, ehe Sie anfangen: Sie werden den Text noch unzählige Male umformulieren. Oder wir machen das. In Absprache mit Ihnen. Bis er so gut ist, wie er nur sein kann. Lassen Sie sich also nicht von der ersten Fassung ins Bockshorn jagen.
Eine weitere Methode: meditieren. Setzen Sie sich bequem hin, schließen Sie die Augen, denken Sie an gar nichts und achten Sie zehn Minuten nur auf ihren Atem. Auch das wirkt Wunder. Dann sind Sie herrlich entspannt, nehmen Ihren Stift, lächeln dem netten weißen Papier zu und füllen es mit wunderbaren Einfällen, die nur so aus Ihnen heraussprudeln.
Natürlich gilt das oben Geschriebene für weibliche wie männliche Autoren gleichermaßen. Ich habe mich, faul wie ich bin, auf die männliche Form beschränkt.
Ich gebe zu, eine Autobiografie schreiben hat viel mit Konzept und Planung zu tun. Tun Sie es. Seien Sie diszipliniert. Eine verhauene Autobiografie wieder zu reparieren, das ist mühsam. Aber Sie haben ja uns – begleiten Sie vom ersten Moment bis zum fertigen Buch. Das erspart Ihnen so manchen Irrweg.
Der Autor

Klaus Krüger
Für den Journalist ist das Schreiben seit jeher eine echte Leidenschaft. Am liebsten beschäftigt er sich dabei mit Menschen.